Mir ist so federleicht ums Herz by Peter Dempf

Mir ist so federleicht ums Herz by Peter Dempf

Autor:Peter Dempf [Dempf, Peter]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-0089-5
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2014-06-17T16:00:00+00:00


21

»Dort oben steht sie, wie ein Schwalbennest auf die Westempore gebaut.« Stein deutete hinauf zur Orgel von St. Ulrich und Afra. Alle drehten sich um, legten den Kopf in den Nacken. Das himmelaufragende Gewölbe machte Maria Anna schwindlig. »Vom Fugger selig gestiftet, dem Nachfahren des berühmten Jakob, der sich selbst Jakob nennen durfte.«

Wolfgang rümpfte die Nase.

»Liegt sie nicht zu hoch? Das gibt doch keinen Ton.«

Das Bäsle kannte die Orgel ohnehin, sie beobachtete lieber Wolfgang, der heute voller Schalk war, überschäumend wie ein Gefäß gärenden Biers.

»Ich bitte, lieber Mozart. Sie hat ihren eigenen Klang und füllt das Kirchenrund, als würde man die Lunge voller Luft pumpen. Bis in den hintersten Winkel.«

»Und jammert und schlickert, dass man glaubt, das fuggersche Handelshaus heule zu seinem Untergang.«

»Setzen Sie sich, spielen Sie!«

»Dort hinauf? Ich habe keine Flügel, werter Stein.«

»Es genügt ein Schlüssel. Pater Aemilius Angermayr wartet sicherlich … da ist er ja schon. Sie sollten die Orgel ausprobieren.«

Der herbeigewünschte Pater Aemilius trabte heran, mit einem Gang, der Maria Anna bereits das Lachen in die Kehle trieb, gefolgt von vier schüchternen Chorknaben, offenbar den Kalkanten, die sich hinter seiner Fülligkeit zu verbergen suchten. Etwas dicklich unter seiner Kutte, schien er beinahe hintüberzufallen, so weit hob er die Nase in die Luft. Eine bläuliche Nase, ein rotes Gesicht, feurige Wangen, in Wasser schwimmende Augen. Diese Augen sahen nur den Himmel, der irdische Weg ihres Herrn war ihnen unbekannt. Dabei schwänzelte er mit den Hüften, ließ einen eisernen Schlüssel um die rechte Hand kreiseln und hielt in der linken einen Halter mit drei brennenden Kerzen …

»Was ist denn das für eine Schrulle?«

Wolfgang war hinter Maria Anna getreten und flüsterte ihr ins Ohr. Gleichzeitig versuchte er, ihr ins Gesäß zu zwicken.

»Lass das, du Unhold«, flüsterte sie, drängte einen Schritt zurück und trat ihm so auf die Zehen, dass er aufstöhnte.

»Lieber Stein, nett Sie zu sehen«, begrüßte der Pater den Orgelbauer, schien aber sonst niemanden wahrzunehmen. »Schade, dass Sie sich diesem Irrglauben verschworen haben. Allein durch Ihr Geschick, die Stimme Gottes zu reinigen, würde Ihnen die ewige Seligkeit zuteil werden. Überlegen Sie es sich, wenn Sie zurückkehren wollen in den Schoß der versöhnenden Mutter Kirche.«

Stein schien das Lamento zu kennen, denn er ging mit keinem Wort auf den Pater ein.

»Wie ich sehe, haben Sie den Schlüssel. Dann hinauf. Lassen wir die Stimme Gottes sprechen! Das hier ist übrigens der Mann, dessen Hände …«

Der Pater ließ Stein nicht ausreden und sah an Wolfgang vorbei.

»Ach, Sie können also Musik machen. Hübsch. Ich mache auch gern Musik. Sie erhellt den Geist und lässt mit ihrem Fluidum spüren, dass es etwas anderes geben muss als unser irdisches Jammertal. Na dann …«

Maria Anna konnte beobachten, wie sich Wolfgangs Miene verdüsterte, wie es hinter der Stirn zu arbeiten begann. Solche Missachtung vertrug der Vetter nicht.

Trotzdem folgten sie dem Pater, der mit einem Schlüssel eine schmale Tür zur Empore aufschloss. Der Einstieg zu einer engen, düsteren Wendel öffnete sich vor ihnen. Der Pater hielt ihnen den Halter hin. Wolfgang, Stein und sie selbst brachen sich je eine der Kerzen ab.



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